Was wird aus dem ehemaligen Kino Sojus?
Das ehemalige Kino Sojus ist seit 2007 geschlossen. Die Ruine verfällt immer mehr und immer wieder wurde über einen Abriss und Neubau berichtet. Eine neue Anfrage hat nun gezeigt: Alles nichts Konkretes.
Geschichte des Kino Sojus
1980 wurde der Grundstein für das neue Kino am Helene-Weigel-Platz gelegt und ein Jahr später im Mai wurde es eröffnet. Es war das erste Lichtspielhaus im neuen Stadtteil Marzahn.
320 Plätze standen den Besucherinnen und Besuchern zur Verfügung. Nach der Übernahme 1992 durch die Universal Film AG wurden 1995 zwei Säle ergänzt: Das Foyer wurde zum Saal 2 mit 120 Plätzen und ein Lagerraum im Keller wurde zu Saal 3.
Nachdem 1999 das Le Prom am S-Bahnhof Marzahn eröffnet wurde, gab es finanzielle Probleme. Noch im selben Jahr wurde das Kino Sojus geschlossen.
Durch die Übernahme von einem neuen Betreiber konnte der Betrieb noch bis 2007 weiter gehen, bis schließlich die Kündigung beim Kinobetreiber einging. Der letzte gezeigte Film war „Prinzessinnenbad“.
Nach der Schließung wurde das Gebäude vom Bezirksamt gegen Vandalismus vorläufig geschützt. Es gab Vorschläge aus der Zivilgesellschaft, eine Stätte für Jung und Alt zu entwicklen. Außer einem Seniorentee war der Wunsch experimentelle Filme zeigen zu können.
Seit Jahren werden durch das Bezirksamt Pläne für den Bau eines Supermarktes und seniorengerechter Wohnungen in Aussicht gestellt. Dazu sollte das alte Kino schon 2017 abgerissen werden. Doch bis heute ist nichts passiert.
Heute ist das ehemalige Kino verwahrlost. Für viele Menschen ist die Enttäuschung darüber groß, dass der einstige Kulturort zu einem Schandfleck geworden ist.
Stand der Dinge
In der Antwort auf eine Anfrage sagt das Bezirksamt ganz klar, dass derzeit noch keine Informationen zum Abriss des Gebäudes vorliegen.
Die Fläche gilt rechtlich als unbeplanter Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Damit sind Bauvorhaben zulässig, die sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Das Umfeld ist geprägt von Wohnbebauung, Gewerbe, sozialer Einrichtungen und öffentlicher Verwaltung.
Der Eigentümer des Grundstückes beabsichtigt ein Lebensmittelgeschäft zu errichten. Darüber sollen bis zu neun aufgestockte Obergeschosse mit Wohnungen und einem Parkdeck entstehen.
Pläne und Visualisierungen wurden auf der Internetseite des Bezirksamtes bisher nicht veröffentlicht. In Aussicht gestellt wird, dass zu gegebener Zeit im Sinne des § 25 Abs. 3 VwVFG auf den Investor eingewirkt wird, um die Öffentlichkeit zu informieren.
Soziale Infrastruktur
Für das Gelände des ehemaligen Kino Sojus gibt es keinen Bebauungsplan. Somit gilt allgemein § 34 BauGB. Die Voraussetzung für eine kooperative Baulandentwicklung liegen hier bisher nicht vor.
Das Bezirksamt sieht selbst keine Möglichkeit auf die Schaffung sozialer Infrastruktur bei einem Neubau auf dem Gelände Einfluss zu nehmen.
Verkehrsinfrastruktur
Aus Sicht des Amtes gibt es ebenso keine Möglichkeit auf die Schaffung von E-Ladesäulen durch den Investor in der Garage Einfluss zu nehmen. In Aussicht gestellt wird allerdings, dass der Bedarf kommuniziert wird.
Generell sind Bauherren im Land Berlin nicht verpflichtet, Stellplätze für PKW bei einem Neubauvorhaben zu schaffen. Allerdings sind barrierefreie Stellplätze gemäß der Berliner Bauordnung verpflichtend.
Sofern Stellplätze freiwillig errichtet werden, dann gilt allerdings das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastrukturgesetz:
Darin ist vorgesehen, dass beim Neubau von Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen jeder Stellplatz und beim Neubau von Nichtwohngebäuden mit mehr als sechs Stellplätzen jeder dritte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet wird. Zusätzlich ist in Nichtwohngebäuden mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Nach dem 1. Januar 2025 ist jedes Nichtwohngebäude mit mehr als zwanzig Stellplätzen zudem mit mindestens einem Ladepunkt auszustatten.
Erinnerungskultur
Der Investor hat sich verpflichtet, die alten Schriftzüge „Sojus“ und den Stern dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf zu überlassen.
Der am besten erhaltenen Sojus-Schriftzug soll auf einer Stele im Bereich des östlichen Helene-Weigel-Platzes zur Erinnerung an das Kino Sojus wieder aufgebaut werden.
Perspektive
Die Beantwortung der Anfrage hat gezeigt, dass das Vorhaben ins Stocken geraten ist. Jetzt ist die letzte Gelegenheit, eine derartig intensive Bebauung zu verhindern und eine Lösung zu finden, die der Nachbarschaft zu Gute kommt.
Ja – die Erwartung ist groß, dass endlich etwas Neues an dieser Stelle entsteht. Das muss allerdings mit Augenmaß geschehen und nicht an den Bedürfnissen der Anwohnenden vorbei.
Deshalb sollte zügig geprüft werden, inwiefern der städtebauliche Vertrag zwischen dem Bezirk und dem Projektentwickler ohne die geplanten Grundstücksübertragungen überhaupt bindend ist. Und es sollte geprüft werden, ob mit einem Bebauungsplanverfahren der Zweck des Geländes so verändert werden kann, dass die Nachbarschaft von einer Neugestaltung tatsächlich profitiert.
Was wir brauchen sind soziale und kulturelle Einrichtungen, die den Kiez aufwerten und das Stadtbild in seinem ästhetischen Anspruch bewahren. Nur so lässt sich das Quartiersleben fördern und die Lebensqualität der Menschen in der Nachbarschaft verbessern.
veröffentlicht am 28.04.2021